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Armin's Email:
7. Spieltag
Sonntag, 10. Okt. 2004; es ist 06.15 Uhr als der Wecker klingelt. Das Sportstudio ging am Vorabend bis 00.45 Uhr, so daß ich mich noch ziemlich schlaftrunken gewohnheitsgemäß zum Kleiderschrank taste und nach einer Krawatte suche. "Nein, nein", murmelt mein Manager, "heute ist Sonntag, blauer Trainingsanzug ist angesagt." Ich begreife so langsam und werde wach und wacher. Selbst unser Hund - alle Viere noch von sich streckend - blinzelt mich nur an als ich die Treppe hinunter komme und scheint zu denken "Du arme Sau" .
Ach wäre doch nur schon wieder richtiger Arbeitstag, da kann man wenigstens bis siebene schlafen. Draußen ist es noch duster, nebelig und arschkalt.
Ich schiebe mir eine Käsestulle rein und schlürfe meinen Kaffee. Nebenbei kritzele ich noch in einem Kreuzworträtsel in der NW, daß rein zufällig passend aufgeschlagen auf dem Küchentisch lag. "Pasi und sein Kumpel sind auch noch nicht da" ruft mein Manager von oben, nachdem sie alle Zimmer inspiziert hatte und nun in Sorge war. RW Dreyen hatte nämlich irgendwo im Münsterland ein Vereinsfest mit Busfahrt organisiert und soetwas kann schon mal dauern.
Just als ich das Haus verlassen wollte, kamen mir die beiden Gestalten entgegen. Kein Zeichen von Angeschlagenheit, machten wirklich beide noch einen ganz hervorragenden Eindruck. "Na Vadda, sind aber noch viele Lücken im Rätsel. Sollen wir etwas helfen ?" "Halt die Klappe", erwidere ich.
"Dann siegt man schön", ruft mir noch einer hinterher als ich das Haus verlasse.
Auf der Fahrt nach Jürmke denke ich darüber nach, wie ich wohl aus dem Münsterland zurückgekehrt wäre. Wahrscheinlich hätte ich eine halbe Stunde versucht, die Haustür mit meinem Autoschlüssel zu öffnen. Irgendwann wäre dann die Haustür von innen aufgegangen und ich wäre meinem Manager in die Arme gefallen. Nein, nicht aus Liebe u. Sehnsucht, sondern wegen reiner körperlicher Schwäche.
Ich begrüße noch Frau Wöhrmann, die gerade dabei war, den Sportplatz zu verlassen, nachdem sie das Heim nach einer Feier in aller Frühe wieder auf Vordermann gebracht hatte. Um kurz nach halb acht war der gesamte Kader bereits vollzählig auf dem Platz. "Nicht schlecht", denke ich, "wir sollten öfters um 09.00 Uhr spielen. Dann bleibt wenigstens noch etwas vom Sonntag für andere Dinge übrig."
Auch Canlar war frühzeitig aus den Federn gekommen und zeigte uns durch eine lange intensive Aufwärmphase, daß sie sich etwas vorgenommen hatten. "Wer zu so früher Stunde einlädt, soll unsere ganze Wut zu spüren bekommen" So spielten sie denn auch und ließen uns in den ersten zwanzig Minuten kaum Zeit zum Luftholen. Wir liefen nur hinterher und tauchten so gut wie gar nicht in deren Spielhälfte auf. Eine einzige Möglichkeit durch Basti hätte zu diesem Zeitpunkt den Spielverlauf fast auf den Kopf gestellt. Sportlich gerechter war da schon die Führung für Canlar nach einem Freistoß aus dem Eckfahnenbereich auf den langen Pfosten. Dennis Wehmhöner war nicht auf der Höhe und der Ball wurde eingenickt.
Das Spiel hätte ohne weiteres in dieser Phase vorzeitig erledigt sein können. Wie aus heiterem Himmel dann nach einer halben Stunde nach feiner Vorarbeit von Basti der Ausgleich durch unseren Goalgetter Tim Schlüter. Jetzt endlich waren wir als Mannschaft näher an unseren Gegenspielern und gestalteten das Spiel in der Folge ausgeglichener. Für den verletzten Michael Stiller ging der eingewechselte Robert Plaasch in die zentrale Manndeckerposition und Dennis Weitz rückte auf die rechte Seite. Der abermals sehr agile u. lauffreudige Basti legte fünf Minuten vor der Halbzeit nochmal für Tim auf und dieser vollstreckte mit seinem 7. Saisontreffer eiskalt. Somit gingen wir etwas glücklich mit einer Führung in die Kabine.
So wie wir die 1. Hälfte beendet hatten, begannen wir auch die zweite. Hinten standen wir gut, so daß es für Keeper Jan Partmann kaum Gelegenheit gab, sich auszuzeichnen. Wir waren durch den einen oder anderen Konter dem 3. Tor näher als Canlar dem Ausgleich. Die größte Chance hierzu hatte abermals Tim, der allein auf das Tor zulaufend zu dem mitlaufenden Basti passte, statt selbst den Abschluß zu suchen. Der Schiri erkannte auf Abseits.
In der letzten Viertelstunde passierte dann das, wo wirklich keiner mehr mit rechnen konnte. Zunächst verlängerte Robert einen 20 - Meter Schuß mit dem Kopf für Jan unerreichbar zum Ausgleich. Keine 2 Minuten später - wir hatten anscheinend den Ausgleich noch nicht verarbeitet - abermals aus der Mitte ein Flachschuß aus 18 Metern und Jan wurde auf dem falschen Fuß erwischt. 2:3 , die Türken flippten aus und wir schauten uns nur noch ratlos an.
Danach - wie schon in Schildesche - gaben wir jede Ordnung auf und stürmten mit Mann und Maus ins Verderben. Jetzt hatte Canlar die Freiräume, um ihre Spielkunst auszuleben und das Ergebnis noch deutlich auf 5:2 auszubauen. Wie begossene Pudel schlichen wir vom Platz.
Spätestens jetzt ist bei uns wieder der Alltag eingekehrt. Gerade die letzten verlorenen Spiele haben eindeutig gezeigt, daß wir große Probleme haben, wenn wir in der 2. Halbzeit den Ausgleich bekommen oder gar in Rückstand geraten. Die Aufgabe jeglicher Ordnung war gewiß das falsche Mittel, den Spieß nochmals herumzudrehen. Die Chance bei dieser Harakiri - Taktik vorne noch etwas zu reißen, beziffer ich bei 1 : 100, das Risiko ins Verderben zu rennen dagegen bei 50 : 100. Man kann auch in einer solchen Phase Druck ausüben, ohne dabei vollends die Grundausrichtung aufzugeben.
Dazu gehört meines Erachtens, daß die Manndecker ihre Positionen halten - Standards ausgenommen -, der Libero sich nicht zu weit in die gegnerische Hälfte vorwagt und die Außen auf einmal nicht den klassischen Links- und Rechtsaußen spielen und bei Ballverlust nach hinten keine Puste mehr haben.
In der letzten Saison spielten wir noch nach dem Motto 3 Spiele verlieren, eins gewinnen, drei verlieren, eins gewinnen u.s.w.. In der lfd. Spielzeit scheint unsere Serie etwas anders geartet zu sein, 4 Spiele gewinnen, 4 Spiele verlieren ? Ich hoffe nicht und fahre deshalb zuversichtlich nach Häger, um dort festzustellen, daß wir aus unseren Fehlern gelernt haben.
In diesem Sinne
Euer Armin
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